März 29

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Heldenreise

Die Heldenreise

By Michael Wittmann

März 29, 2021

Manga-Figur, Geschichte erzählen


Luke Skywalker, Harry Potter, Frodo Beutlin ... sie alle haben etwas gemeinsam: Keiner von ihnen war von Beginn an ein Held, dennoch wurde der Weg zum Helden ihr Schicksal. Das ist kein Zufall. Ihre Geschichten orientieren sich an einer universellen Erzählung, der Heldenreise.

Protagonisten, die über sich hinauswachsen

Die Heldenreise folgt einer Struktur, die bereits seit Jahrtausenden besteht. Wir finden sie in Mythen oder in biblischen Geschichten, wie zum Beispiel den Heldentaten von Herakles oder dem Werdegang von Moses. Um besser ersichtlich zu machen, aus welchen Stationen eine solche Reise besteht, hat Joseph Campbell die Gemeinsamkeiten mythologischer Geschichten analysiert und als Muster festgehalten. Damit prägte der amerikanische Mythenforscher den Begriff der „Hero’s Journey“, der Heldenreise. Übrigens fielen auch dem irischen Schriftsteller James Joyce die gemeinsamen Strukturen der Mythen auf. Er beschrieb sie als „Monomythos“. Und der amerikanische Drehbuchautor Christopher Vogler hielt dieses Muster in seinem Standardwerk für Drehbuchautoren, „The Writer's Journey“, fest.

Universelle Herausforderungen

Wir können also festhalten, dass eine universelle Struktur vielen Mythen und Geschichten zugrunde liegt. Dass sich dieses Muster in Erzählungen quer durch die Epochen immer wieder findet, hat seinen Grund. Auch wenn jede Geschichte für sich ganz individuell und jedes Setting einzigartig sein kann: Die Struktur der Heldenreise als Basis trägt dazu bei, dass sich eine vielschichtige und spannende Story entfalten kann. Schauen wir uns also etwas näher an, welche Stationen zu einer Heldenreise gehören können.

Die Haltestellen der Heldenreise

1. Der Anstoß zur Reise

Eigentlich könnte alles wie immer sein für unseren Protagonisten. Wäre da nicht dieser ominöse Auftrag und unser Held auserwählt, diesen zu erfüllen.

2.  Muss das wirklich sein?

Unser Held hat zu diesem Zeitpunkt wirklich andere Sorgen, als einem fragwürdigem Ruf zum Abenteuer zu folgen. Die Begeisterung im Angesicht des erteilten Auftrags hält sich in Grenzen. Vielleicht kann jemand anderes das erledigen? Und auch wenn keine generelle Abneigung vorhanden sein sollte, so doch mindestens eine gesunde Skepsis. Auserwählt zu sein klingt zugegebenermaßen nicht wie etwas, das jeden Tag passiert. (Harry Potter hat immerhin auch bis zum sechsten Teil der Reihe, dem Halbblutprinzen gebraucht, um festzustellen: „But I am the chosen one.“)

3. Hilfe durch Mentoren

Auch wenn sich nun herauskristallisiert hat, dass ausgerechnet unser Protagonist dafür vorbestimmt ist, das anstehende Abenteuer zu bestreiten – ein wenig Vorbereitung, gewissermaßen ein Helden-Coaching, braucht es dennoch. Hier kommen die Mentoren ins Spiel. Sie geben ihr Wissen weiter, damit die Aufgabe auch erfüllt werden kann.

4. Es geht los

Die Vorbereitungen sind abgeschlossen, aber Zweifel an den eigenen Fähigkeiten können den Helden trotzdem noch plagen. Es ist auch hier wieder der Mentor, der den letzten Anstoß geben kann, der den Helden zum Antritt der Reise bringt.

5. Hürden der Reise

Beginnt der Held seine wichtige Reise, so lassen die ersten Probleme nicht lange auf sich warten. Die vielleicht sogar entstandene Euphorie, sich der Aufgabe zu stellen, weicht einer gewissen Ernüchterung angesichts der wenig rosigen Realität. Auch wenn die ersten Schritte nicht einfach sind, hilft der Mentor hier weiter und eröffnet weitere Einzelheiten zur Mission – und natürlich zu den Gegenspielern.

6. Der Pfad der Prüfungen

Jetzt geht es Schlag auf Schlag, denn nach dem ersten Sprung ins kalte Wasser erwartet den Helden Prüfung auf Prüfung. Dabei wollen nicht zuletzt die Zweifel an sich selbst überwunden werden.

7.  Die Liebe

Eine Prise Romantik darf auch auf einer Heldenreise nicht fehlen. An dieser Station der Reise bahnt sie sich an, um in der Folge eine größere oder eher kleinere Rolle zu spielen.

8. Der Einfluss der Romanze

Sollten sich zuvor romantische Aspekte in der Geschichte etabliert haben, kann es diesbezüglich jetzt spannend werden: Die frische Liebe kann den Helden dazu motivieren, sein Ziel noch fester anzuvisieren. Oder aber er wird durch die Liebe abgelenkt.

9. Familienbande

Luke Skywalker erfährt in der legendären Szene, wer sein Vater ist. Harry Potter stellt im „Gefangenen von Askaban“ irgendwann fest, dass der vermeintliche Bösewicht sein Patenonkel ist. Oft erfährt der Held mehr über seine Familiengeschichte und wird vor die Wahl gestellt, dieser Geschichte zu folgen oder der eigenen.

10. Das besondere Etwas

Es ist an der Zeit, dass sich dem Helden nun vollständig offenbart, welche Kräfte ihm innewohnen. Seien es Zauberkräfte oder andere Besonderheiten, die den Helden einmalig machen – es wird noch einiges an Erfahrung benötigt, um diese Kräfte zu meistern.

11. Das Objekt der Begierde

Ein weiterer Aspekt, der sich auf vielen Heldenreisen wiederfindet: ein bedeutsames, materielles Objekt. Vielleicht wohnen diesem Gegenstand magische Kräfte inne, manchmal verleiht er eine besondere Macht oder ist gefährlich. Auf jeden Fall spielt er für den weiteren Verlauf der Geschichte eine ganz entscheidende Rolle, sei es „der eine Ring“ in „Der Herr der Ringe“ oder die Horcruxe in „Harry Potter“.

12. Der Blick zurück

Auch, wenn unser Held vielleicht nicht ganz freiwillig ins Abenteuer gerutscht ist, es fällt schwer, nach all den Ereignissen an die Rückkehr ins alte Leben zu denken.

13. Unverhofft kommt oft

Dem Helden bleibt nicht viel Zeit, über die bisherigen Ereignisse und die Zukunft nachzugrübeln. Denn aus verschiedensten Gründen kann er nun ins Abenteuer zurückgeworfen werden, beispielsweise durch eine neue Gefahr. Diese Station beinhaltet außerdem, dass die Rückkehr des Helden zu seinem Ausgangspunkt nun doch notwendig wird und ihm die Wahl nicht bleibt.

14. Unerwartete Hilfe

Auch auf einer Heldenreise lohnt es sich, nett zu seinen Mitmenschen zu sein. Angesichts der neuen Herausforderung auf dem Weg zurück nach Hause wartet nun Unterstützung auf unseren Protagonisten. Diese Hilfe kommt oft von einer Person, welcher der Held am Anfang der Reise selbst schon mit einer guten Tat beistand.

15. Wieder zu Hause

Zurück am Ausgangspunkt der Reise gilt es nun, den dort zurückgebliebenen Freunden und Familienmitgliedern die Gründe für den plötzlichen Aufbruch und die lange Abwesenheit zu erklären.

16. Neuer Mensch im alten Leben

Nach all den Erlebnissen ist der Held nun im Inneren ein anderer, sein Alltag im „alten Leben“ ist aber noch wie früher. Beides gilt es miteinander zu verbinden.

17. Die Evolution

Alles, was unser Protagonist auf seiner Reise gelernt hat, kann nun weitergegeben werden. Damit wird die Welt zu einem besseren Ort und unser Held bewirkt mehr Gutes, als je vorstellbar gewesen wäre.

Die Prinzipien der Heldenreise selbst anwenden

Wer weiß, wie die überlieferten Mythen als Story funktionieren, ist als Autor klar im Vorteil. Ich halte aber nichts davon, die Stationen des Heldenmythos Schritt für Schritt abzuarbeiten, um zu einer neuen Geschichte zu gelangen. Allzu oft wirkt das Ergebnis dann wie ein schwacher Abklatsch bekannter Stoffe, die sich derselben Struktur bedienten. Am Ende müssen die gewählten Stationen immer zu der individuellen Geschichte passen. Trotzdem ist dir beim Lesen der 17 Punkte bestimmt aufgefallen, wie häufig viele dieser Stationen im Leben eines Helden  immer wieder anzutreffen sind – es sind zeitlose Herausforderungen.

Ob mit Zauberkräften oder ohne sie: genauso wie unsere Helden können auch wir unfreiwillig in Situationen geworfen werden, an deren Herausforderungen wir wachsen und aus denen wir gestärkt hervorgehen. Darum können wir uns auch so gut mit der Heldenreise identifizieren. Geht es in der eigenen Story mal nicht so recht voran oder fehlt die Spannung, dann kann es sich immer lohnen, einen Blick auf die Struktur der klassischen Heldenreise zu werfen.

Wer ist mein Held?

Wer ist mein Held? Welche Stationen oder Archetypen der Heldenreise kommen in meiner Erzählung vor? Würde es meine Geschichte runder machen, wenn ich sie mehr dem Modell annähere oder andere Archetypen hinzufüge? Allein diese Fragen geben bereits einen Einblick in den Status quo der eigenen Geschichte. So können wir auch mehr über unsere Protagonisten lernen und im besten Fall herausfinden, wie ihr Weg weitergehen soll.

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Michael Wittmann

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